Am 29. August 2024 startet bei Prime Video die zweite Staffel der Tolkien-Saga „Der Herr der Ringe: Die Ringe der Macht“, die weitere Vorgeschichte zu „Herr der Ringe“. Die jüngere Version der Elbenfürstin Galadriel wird erneut von Morfydd Clark gespielt. Patrick Heidman hat mit der walisischen Schauspielerin gesprochen.
Miss Clark, neben der zweiten Staffel von „Der Herr der Ringe: Die Ringe der Macht“ startet im Winter auch ein großer „Herr der Ringe“-Animationsfilm, obendrein ist ein „Gollum“-Film in Vorbereitung. Wie erklären Sie es sich, dass diese von J.R.R. Tolkien geschaffene Welt offenkundig nie aus der Mode kommt?
Morfydd Clark: In seinem Werk kommen ein paar Dinge zusammen, die diesen anhaltenden Erfolg meiner Meinung vielleicht erklären. Zum einen ist der Detailreichtum, mit dem er diese Welt ausgestattet hat, nicht nur enorm faszinierend, sondern auch schier unerschöpflich. Dadurch lässt sich immer noch Neues entdecken oder ein anderer Schwerpunkt setzen. Zum anderen erzählen seine Geschichten von vielen Dingen, nach denen wir uns gerade in unserer Welt heutzutage mehr denn je sehnen.
Woran denken Sie da?
Clark: Es geht bei Tolkien zum Beispiel um Mut und um Großzügigkeit, wovon wir dieser Tage sicherlich mehr gebrauchen könnten. Und in allem, was er geschrieben hat, kann man die Hoffnung herauslesen. Ich glaube, das Hoffnungsvolle an seinem Werk ist es, was mich persönlich am meisten berührt, denn ohne Hoffnung gehen wir Menschen doch früher oder später ein. Was man vermutlich auch über Mitleid und Erbarmen sagen könnte, die ebenfalls sehr präsent sind in seinen Schriften. Gerade kürzlich erst bin ich über einen Aufsatz gestoßen, in dem es um Mitleid bei Tolkien geht. Auch das ist ja übrigens so eine Sache: Die Menge an philosophischen und überhaupt wissenschaftlichen Texten, die über seine Arbeiten geschrieben wurden, ist nicht ohne Grund enorm.
Tatsächlich waren Sie mit einem Großteil seines Werks vertraut, lange bevor Sie die Rolle der Galadriel in der Serie annahmen, richtig?
Clark: Ich bin tatsächlich groß geworden in einer Familie von Tolkien-Fans, von denen meine Mutter der größte ist. „Der Herr der Ringe“ war bei uns immer schon eine große Sache. Ich erinnere mich noch gut daran, wie wir alle uns 2002 vor dem Computer versammelten, als damals der erste Trailer von „Der Herr der Ringe: Die zwei Türme“ veröffentlicht wurde. Und natürlich waren wir dann auch gleich im Kino, mit Freundinnen und deren Eltern. Als ich die Rolle in der Serie annahm, waren meine Eltern und ich gleichermaßen begeistert, dass ich endlich mal etwas drehte, dass ihnen richtig viel Freude bereiten würde. Denn das ist ja nicht bei allen meinen Projekten der Fall.
Die zweite Staffel von „Die Ringe der Macht“ wurde nicht mehr in Neuseeland, sondern überwiegend in Großbritannien gedreht. Was veränderte sich dadurch?
Clark: Fürs Publikum am Bildschirm wird sich vermutlich wenig verändern, aber für uns war die Umstellung schon sehr groß. Trotz der Größe der Produktion und der sehr vielen verschiedenen Handlungssträngen hatten wir alle unglaublich viel miteinander zu tun. Wir hockten da alle am anderen Ende der Welt, inmitten der Corona-Pandemie, und waren irgendwie so weit weg von der Realität des Restes der Welt, dass wir uns fast fühlten, als seien wir wirklich in Mittelerde. Wir verbrachten praktisch unsere gesamte Zeit miteinander, gingen nach Drehschluss an den Strand, das war alles sehr besonders. Ohne jetzt zu fies über Großbritannien sprechen zu wollen, aber die Arbeit dort war …
Morfydd Clark als Galadriel in der zweiten Staffel von „Der Herr der Ringe: Die Ringe der Macht“.Foto: Courtesy of Prime Video
… dann doch eher wie jeder andere Dreh?
Clark: Na ja, ich glaube, die Arbeit an „Die Ringe der Macht“ könnte sich niemals anfühlen wie irgendein ganz gewöhnlicher Dreh. Aber sagen wir es so: Das Magische, Besondere, dieses Gefühl des Ausderweltgefallenseins – das war nun bei der zweiten Staffel verschwunden, weswegen sich die Arbeit komplett anders anfühlte. Was letztlich allerdings auch gar nicht so schlecht war, denn auch in Mittelerde herrscht nach den Ereignissen der ersten Staffel jetzt eine ganz andere Stimmung. Die Bedrohlichkeit der Lage spitzt sich zu, Licht und Hoffnung schwinden.
Den ersten Episoden der neuen Staffel nach zu urteilen, geht es dieses Mal viel um Verlust und Trauma. Was bedeutet das für Galadriel?
Clark: Dadurch, dass sie sich von Sauron derart hat täuschen lassen, hat sie natürlich entscheidend dazu beigetragen, dass das Böse nun zusehends die Überhand gewinnt. In der ersten Staffel bestand noch die Chance, diese Flut der Dunkelheit aufzuhalten, doch dies scheint nun in weite Ferne gerückt. Die Angst und Verunsicherung, die Sauron bei seinen Gegnern gesät hat, die sind das eigentlich Fatale. Aber natürlich versucht nun auch niemand intensiver und mit mehr Inbrunst, Sauron aufzuhalten und Vergangenes wiedergutzumachen, als Galadriel.
„Der Herr der Ringe: Die Ringe der Macht“ ist das mit Abstand größte Projekt Ihrer Karriere. War Ihnen vor fünf Jahren eigentlich klar, worauf sie sich da einlassen?
Clark: Allzu intensiv habe ich damals nicht darüber nachgedacht, was etwa den zeitlichen Aufwand angeht, den eine solche Serie bedeutet, oder auch die Auswirkungen, die diese Rolle auf meine Karriere, aber auch meine Privatsphäre haben wird. Anfangs habe ich mich erstmal nur gefreut, dass ich Tolkien spielen und in Neuseeland arbeiten darf. Ich bin der eher unorganisierte Typ und plane viel zu wenig, was in diesem Fall aber unbedingt von Vorteil war, denn es gab beispielsweise keine von langer Hand geplanten Projekte, die abgesagt werden musste, als irgendwann feststand, dass es wieder für neun Monate nach Mittelerde geht. Mal sehen, wie es weitergeht, aber ich bin auf jeden Fall offen für alles, was da noch kommen mag. Und ich habe nie auch nur für einen Moment bereut, mich auf dieses Abenteuer eingelassen zu haben.
Zur Person
Morfydd Clark wurde 1989 in Schweden geboren. Ihre Familie kehrte nach Wales zurück, als Clark sieben Jahre alt war.Sie wuchs in Cardiff auf. Im Alter von 13 Jahren sammelte sie erste Bühnenerfahrung in einer Schulaufführung.
Nachdem sie mitLegasthenieundADHSzu kämpfen hatte, verließ sie mit 16 Jahren die Schule.Im Jahr 2009 erhielt sie ein Engagement in einer Produktion des Musicals„According to Brian Haw“(Laut Brian Haw) über den politischen AktivistenBrian Hawdes British Youth Music Theatre und wurde amDrama Centre Londonunterrichtet.
Ihre erste Rolle in einem Kinofilm erhielt sie in„Madame Bovary“vonSophie Barthes, der im Herbst 2014 bei mehreren Filmfestivals vorgestellt wurde. Danach spielte Clark wieder einige Jahre vorwiegend Theater, meist in klassischen Stücken wie„Romeo und Julia“ und„König Lear“. Vom„Observer“wurde sie 2017 zu einem der „Rising Stars“ des Jahres der britischen Theaterszene gewählt.
Größere Filmrollen folgten in dem Katastrophen- und Horrorfilm„Crawl“vonAlexandre Ajaund„David Copperfield – Einmal Reichtum und zurück“vonArmando Iannucci, die beide 2019 in die Kinos kamen. Im Januar 2020 wurden auf BBC One die drei Folgen der britischen Miniserie„Dracula“gezeigt, mit Clark in einer der Hauptrollen. In„Saint Maud“vonRose Glassist Clark in der Titelrolle der besessenen Krankenschwester Maud zu sehen. Seit 2022 verkörpert Clark eine jüngere Version der FigurGaladrielinAmazon PrimesSerie„Der Herr der Ringe: Die Ringe der Macht“.
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